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BeitragVerfasst: Sa 24. Jan 2009, 23:32:22 
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Cirrus
Cirrus
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Registriert: So 14. Sep 2008, 00:08:35
Beiträge: 109
Der aktive Atlantik in der letzten Zeit brachte einiges an Schwung in die Wetterküche. Von optisch sehr anspruchsvollen Zyklogenesen über endlich mal wieder nennenswerte Niederschlagsmengen zu sehr markanten Sturmtiefentwicklungen war vieles dabei, was eine echt Atlantikwetterlage ausmacht. Ich habe mir mal über die Lage Satbilder und Karten zu den Zyklonen abgespeichert und möchte diese nun hier mal präsentieren. Da ich teilweise nicht immer Zeit hatte die Karten noch am selben Tag abzuspeichern ist der Verlauf der GFS-Läufe, denen die Karten entnommen sind teilweise etwas chaotisch, ich hoffe das stiftet nicht zu viel Verwirrung und beeinträchtigt die Genauigkeit nicht allzu sehr. Bei einigen Satbildern habe ich mich auch an Frontenanalyse versucht, allerdings nur wenn es relativ klar war und selbst dort war ich sicher noch teilweise ungenau, aber ich habs mal versucht. ;) Insgesamt soll dies auch überwiegend ein Rückblick sein, d.h. eher ein „wann?“ und „wo?“ als ein „wieso?“ und „weshalb?“, denn dann hätte dieser Beitrag wohl den Rahmen gesprengt.
Hier startet nun also der Rückblick.

Die Lage startete mit einem schönen Tief westlich der britischen Inseln.
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Das Tief weist ein schönes, klassisches Frontensystem aus. Die Warmfront befindet sich über den britischen Inseln, über dem Ostatlantik folgt die lang gestreckte Kaltfront nach, die eher noch etwas weiter nach Süden ausgreift, als ich hier gezeichnet habe. Nordwestlich von Irland okkludiert das Frontensystem und die Okklusion biegt dann um den Tiefkern herum nach Süden. Sehr schön präsentiert sich das Tief in der Wasserdampf-Satellitendarstellung.
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Ein geradezu klassisches Tief mit sehr schönen Strukturen ist dort zu sehen. Gut zu sehen auch hier die Warmfront über den britischen Inseln mit relativ kleinem Aufgleitschirm. Die Kaltfront ist durch eine kompakte Wolkenlinie gekennzeichnet, die bis westlich der nordafrikanischen Küste reicht. Über Westeuropa sieht man den Warmsektor mit lückenhaften mittelhohen Wolken. Mit gut zu erkennender zellulärer Bewölkung, die aber nicht hochreichend ist zeigt sich auf der Rückseite des Frontensystems der Trogsektor. Rückseitig der Kaltfront in der Nähe des Okklusionspunktes sieht man einen markanten wolkenfreien Bereich. Die intensive rote Färbung deutet dort auf absinkende trockene Stratosphärenluftmassen hin. Hier befördert eines der mit der Zyklogenese in Verbindung stehenden Förderbänder diese rückseitig der Kaltfront in Richtung Tiefkern. Dort stößt diese Luftmasse als „dry slot“ in tiefere Luftschichten vor. Der breite „dry slot“ und das „Herumwickeln“ der Okklusionsfront um diesen deutet auf eine Zyklogenese mit einem beherrschenden warmen Förderband ( warm conveyur belt – WCB ) hin. Hier bildet das warme Förderband, welches feucht-warme Luftmassen auf der Südseite des Tiefs transportiert die Okklusion. Man erkennt dies auch daran, dass das Okklusionswolkenfeld in Höhe und Materie mit dem „baroklinen Blatt“ („baroclinic leaf“, dem Wolkenband, welches Warm- und Kaltfront bildet) verbunden ist.

Nach dieser ersten sehr schönen Zyklone zog in der sehr strammen Westströmung bereits von Westen die nächste Zyklone heran. Diese bildete sich in einer hochpotenten Umgebung für kräftige Zyklogenesen bei Neufundland aus.
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Man sieht sofort an der Karte, dass dieses Tief eines der kräftigeren Sorte ist. Sein Warmsektor ist mit sehr energiereichen Luftmassen gefüllt, die Theta-E-Werte reichen bis über 50°c, Werte, die in Mitteleuropa auch bei sommerlichen schwül-warmen Gewitterlagen erreicht werden. Diese Karte zeigt das Tief schon in fortgeschrittenem Stadium, der Kernbereich ist schon voll okkludiert, so dass die energiereichen Luftmassen nicht mehr bis in den Kern vordringen. Das Tief dürfte also seinen Höhepunkt bald überschreiten bzw. schon überschritten haben. Die vom Theta-E-Gradienten sehr markanten Fronten lassen starke Luftmassentransporte erwarten, so dass sich die Luftmassengegensätze bei Neufundland weiter verschärfen. Die weitere Entwicklung lässt sich hiermit grob abschätzen. Das kräftige Tief wird sich mit starker Geopotentialvertiefung zum neuen Zentraltief auf dem Atlantik entwickeln und mit einem Kaltluftausbruch auf den Atlantik wird dort ein markanter Temperaturgradient geschaffen, perfekt für weitere kräftige Zyklogenesen. Ein kräftiger „jestreak“ mit bis zu 200 kn rundet die ganze Sache ab. Die Zyklogenese noch einmal im Satbild.
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Da der Westatlantikausschnitt etwas verzerrt ist ist der Vergleich Theta-E-Karte mit dem Satbild etwas erschwert, man kann sich im jeweiligen Kartenausschnitt i.e. an Neufundland orientieren. Die lang gezogene Kaltfront ist sehr gut im Satbild zu erkennen, die Warmfront ist nicht ganz so gut zu erkennen, ich vermute mittlerweile ich habe sie etwas zu weit nordöstlich gezeichnet. Die Okklusion sieht hier auf dem Satbild zwar zu kurz zu sein, allerdings wirkt hier der nördliche Rand des Satbildes sehr verzerrend, wenn man Neufundland als Referenzpunkt nimmt passt das recht gut. Der Warmsektor ist gut zu erkennen und entlang der Kaltfront lang gestreckt. Hinter dieser ist erneut ein „dry slot“ mit absinkender Stratosphärenluft zu sehen. Da dieser eher keilförmig in Richtung Okklusionspunkt vorstößt lässt diese ein Zyklogenese mit dominantem kalten Förderband ( cold conveyur belt – CCB ) vermuten. Zudem unterscheiden sich die Okklusion und das barokline Blatt deutlich in der Höhe was ebenfalls auf einen CCB hindeutet. Dies komm dadurch, dass das kalte Förderband, das von der Südostflanke des Tief unter dem baroklinen Blatt „hindurch taucht“ dort aufsteigt und die Okklusion bildet, dies erklärt auch den Höhenunterschied der beiden Wolkenbänder.

Jetzt beginnt die Westdrift richtig in Fahrt zu kommen...
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Ein glatter Sprung um 36 Stunden zur letzten Karte zeigt eine recht veränderte Situation. Das ehemalige GB-Tief ist nach Norden gezogen und dabei (zumindest für den Moment) komplett okkludiert. Seine Ausläufer dringen dabei langsam aber stetig gegen das Skandinavien-Hoch vor, welches Mitteleuropa noch mit einer kühlen östlichen Strömung beeinflusst. Leicht westlich dieser Okklusion liegt eine weitere sehr lang gestreckte Luftmassengrenze und zwar die des Neufundlandtiefs der vorherigen Karte. Sie ist weitgehend schon okkludiert, nur im Süden der LMG ist noch ein schmaler Warmsektor vorhanden. Auffallend sind die im Bereich der Luftmassengrenzen schon recht dicht gedrängten Isobaren, welche dort schon recht markante Winde hervorriefen. So meldete die Station „North Rona Island“ (98 m), eine Insel vor der Nordwestküste Schottlands, am 15.1. um 23 Uhr eine Maxböe von 124 km/h, also bereits Bft. 12. Die Station „Cairngorm Mountains“ (1245 m) in einer Bergkette im Nordosten Schottland meldete am selben Tag um 9 und 10 Uhr jeweils eine Maxböe von 176 km/h! Ein erster satter Sturm also der da besonders Schottland heimsuchte. Diese Böen sind aber noch nicht das Ende der Fahnenstange, denn bei Neufundland betritt ein Tief die „Bühne Westautobahn“ welches eine steile Karriere hinlegen sollte. Die Bedingungen für dieses Tief sind nahezu perfekt. Krasse horizontale Temperaturgegensätze bei Neufundland (+5°c und -20°c in 850 hPa auf engstem Raum!) und ein sehr starker Jetstreak bis zu 200 kn). Und in diese Bedingungen scheppert die noch kleine Welle nun voll rein. Südlich des Kerns stehen zudem mit Theta-E > 50°c energiereiche Luftmassen zur Verfügung, was soll da noch groß schief gehen?! Hier das Satbild des Tiefs im Wellenstadium.
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Zu sehen ist hauptsächlich ein geschwungenes hochreichendes Wolkenband, welches Kalt- und Warmfront beinhaltet, nördlich des Wellenscheitels sieht man ein tieferes Wolkenpaket direkt an der Welle anliegend. Dies kann man als Wolkenkopf („cloud head“) der Welle deuten. Diese Struktur lässt auch schon vor der Ausbildung eines markanten „dry slots“ die Dominanz des kalten Förderbandes bei dieser Zyklogenese vermuten. Schauen wir, wie es mit der Welle weiterging.

Sie vertiefte sich nun im Bereich der guten Bedingungen um 15 hPa in 12 Stunden.
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Bevor wir uns aber der Welle widmen ein kurzer Blick in Richtung Europa. Hier „wabern“ die beiden Luftmassengrenzen immer noch so ein wenig vor sich hin. Durch die fast strömungsparallele Lage ziehen sie nur langsam in Richtung Mitteleuropa. Zudem kommen sich die beiden Okklusionen in einigen Bereichen schon sehr nahe, was vermuten lässt, dass sie sich bald in diesem Bereich zusammen schließen könnten. Die östliche LMG besitzt am Südende immer noch einen sehr schmalen Warmsektor. Durch die kalte trockene Festlandluft. Die noch über dem östlichen Mitteleuropa liegt deutet sich bereit durch das auflaufen der Okklusionen auf diese die Herausbildung einer neuen Warmfront an.
Nun aber auf den Atlantik. Die Welle hat sich von 1010 hPa auf 995 hPa vertieft und das, obwohl sie noch nicht einmal besonders hebungsgünstig im Jetstream liegt (was sich aber bald ändern sollte). Das Frontensystem der Welle hat sich schon etwas über das bloße Wellenstadium heraus entwickelt, es beginnt schon zu okkludieren. Stromaufwärts verwellt die Katfront noch einmal, dieses Wellentief ist allerdings sehr kurzlebig und taucht schon in der nächsten Karte...

...nicht mehr auf.
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Dafür hat sich das Wellentief in nur 6 Stunden um weitere 10 hPa vertieft. Dieser Beginn einer rapiden Vertiefung ist vor allem mit der Position des Tiefs im linken Auszugsbereich des sehr starken Jets zu begründen, hier waren auf den Karten teilweise sehr hohe Höhendivergenzwerte zu finden, welche stark Zyklogenese begünstigen. Warm- und Kaltfront sind weiterhin sehr gut ausgeprägt, die Okklusion hat mich aber doch vor eine Frage gestellt. War sie auf der letzten Karte noch umgebogen und lang gezogen ist sie hier eher gerade und kurz. Da beides zusammen nicht möglich ist wird eine Interpretation falsch sein, welche der beiden weiß ich persönlich nicht, also lasse ich sie mit der Einschränkung mal stehen. Über Europa haben sich die beiden Okklusionen nun nahezu zu einer zusammengefasst, ich habe sie hier mal durchgehend als eine gezeichnet, was sicherlich so nicht ganz richtig ist, aber einfacher. Über Dänemark, Ostdeutschland bis ans Mittelmeer sieht man nun wie durch das Auflaufen der Okklusionsluftmasse auf die die trocken-kalte Festlandluft eine neue Warmfront gebildet wird.

Nun folgt der Höhepunkt der explosiven Zyklogenese.
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Weitere 6 Stunden später hat sich das Tief um 15 hPa vertieft. Bei der Position seines Frontensystem bin ich mir nicht sehr sicher, da sich hier mehrere Theta-E-Drängungzonen sich als Fronten anbieten würden, ich hab mich hier für eine Variante mit schmalem Warmsektor entschieden, welche sich aber nicht gut mit dem Satbild deckt. Das Tief erreicht jetzt jedenfalls mit seiner vorderseitigen WLA die britischen Inseln, die in Sachen Orkanböen gefährliche Rückseite bringt sich schon in Position, bereit auf die nördlichen Teile von Irland und Schottland überzugreifen.
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Das Satbild verrät sofort, dass meine Frontenanalyse so nicht ganz stimmen kann. Über England/Schottland ist der Schirm der WLA schon deutlich weiter fortgeschritten und auch südwestlich von Irland sieht man die ersten Ansätze der Kaltfront, welche bei mir weiter südöstlich liegt. Auch die Okklusion ist schon stärker eingekringelt. Rückseitig der Okklusion deutet sich schon mir roter Färbung der Luftmasse der „dry slot“ an.

3 Stunden später...
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...hat das Tief sein Erscheinungsbild schon wieder etwas verändert. Das Frontensystem okkludiert nun immer stärker und der Aufgleitschirm über GB der durch die Warmuftadvektion entstanden ist zerfällt ein wenig. Mehr tut sich Richtung Okklusion. Hier kringelt sich diese immer weiter ein und gleichzeitig stößt der „dry slot“ markanter in Richtung Tiefkern vor. Südlich des Okklusionskringels stößt zelluläre Schauerbewölkung recht rasch nach Osten vor und ist im Begriff auf Irland überzugreifen. Dazu gleich noch mehr.

Noch einmal 3 Stunden später...
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...beginnen die Okklusion sowie der „dry slot“ schon ihre zweite Runde „Karussellfahrt“ um den Tiefkern herum. Die Schauerbewölkung hat Irland erreicht und macht sich weiter auf den Weg in Richtung Schottland. Das Frontensystem ist mittlerweile bis etwa zur Bretagne okkludiert, nach dem Okklusionspunkt fächern sich Warm- und Kaltfront noch recht breit auf, die Kaltfront ist in Richtung Neufundland erneut verwellt. Welche Rolle nun die Lage des Tiefkerns und der Schauerbewölkung für die Windentwicklung im Norden der britischen Inseln spielt sehen wir auf den nächsten Karten.

Hier die Situation um 0 UTC...
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Das mittlerweile mit einem Kerndruck von ca. 945 hPa kräftige Orkantief hat sich vor die schottische Nordküste verlagert. Die markante Isobarendrängung südlich des Kerns markiert das Sturmfeld. Die Frage ob nun über Schottland und Irland extreme Orkanböen auftreten (welche rein vom Potential möglich sind) ist nun eine Frage der Labilität. Und hier kommen nun die Schauerzellen ins Spiel.
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Wie man schön sieht überziehen diese um 0 UTC bereits ganz Irland und greifen akut auf Schottland über. Diese Schauerzellen markieren einen markanten Höhenkaltluftsektor, der südlich des Tiefs nach Osten vor stößt. Und dieser ist ganz entscheidend, denn in den in diesem Sektor entstehenden Schauerzellen herrscht starke Vertikalbewegung vor, die vertikalen Impulstransport ermöglicht, d.h. die Abwinde in den Schauerzellen können die stärkeren Höhenwinde in etwa 1500 m bis zum Boden transportieren und dort für starke Orkanböen sorgen.
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Auf dieser Karte ist die Temperatur in 500 hPa zu sehen. Wie die Satbilder vermuten ließen liegt südlich des Tiefkerns eine Zunge mit Höhenkaltluft von unter -35°c. Ein starker vertikaler Temperaturgradient und dadurch Labilität ist die Folge, Schauerzellen entstehen über dem feuchten Atlantik und ziehen über die britischen Inseln hinweg.
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Hier ist der KO-Index, ein Index für die Labilität der Luftmasse. Ein KO-Index von über 0 zeigt stabile Luftmassen an, ein KO-Index unter 0 labile Luftmassen. Hier zeigt sich westlich von Irland und über Irland/Schottland eine labile Zunge, die sich passgenau mit der Höhenkaltluft deckt. Ab 0 UTC waren also starke Orkanböen innerhalb der Schauer über Irland und Schottland zu erwarten.

Und dies trat auch so ein. Um 00:00 Uhr meldete „North Rona Island“ eine Böe von 172 km/h, danach folgten keine Meldungen mehr bis 06:00 Uhr, dann wieder eine Böenmeldung von 179 km/h! Die Station „South Uist Range“ (4 m), ebenfalls auf einer der schottischen Nordwestküste vorgelagerten Insel gelegen meldete um 00:00 Uhr immerhin noch 157 km/h. Die Station „Aonach Mor“ (1130 m) auf einem Berg im Westen Schottlands meldete um 01:00 Uhr sogar 181 km/h als Maxböe! Diese Tief sorgte also für heftige Orkanböen, vor allem im Nordteil Schottlands.

Aber es gab keine Pause, am Abend des selben Tages näherte sich von Westen bereits eine „Doppelwelle“ Westeuropa...
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Die beiden Wellen sind quasi gestapelt, jede „bezieht“ einen Teil der Frontalzone. Ob die Frontenzüge so existieren weiß ich nicht genau, eventuell ist die obere Welle auch nur über eine Okklsuion mit der unteren verbunden. Die südlichere Welle konnte energiereichere Luftmassen in seinen Kern advehieren, vielleicht entwickelte sie sich deshalb zur dominanteren der beiden.
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Im Satbild sind die beiden Wellen auf Anhieb nicht so einfach zu erkennen. Die nördlichere der Wellen zeigt sich noch recht gut ausgebildet westlich von Irland, auch wenn kaum Strukturen zu erkennen sind. Die südlichere dagegen zeigt sich noch kaum durch hohe Wolkenpakete, wie sich Wellen mit energiereichen Luftmassen oft auch schon in diesem Stadium darstellen. Man erkennt aber schon die erste Initialzündung durch einige, scheinbar konvektive Wolkenbatzen etwas weiter westlich der Bretagne. Der mögliche Grund für die „verspätete“ Zündung könnten sich verbessernde Bedingungen sein z.B. positive Vorticityadvektion oder Warmluftadvektion. Auf jeden Fall plustert sich die Welle im weiteren Verlauf recht rasch auf.
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Nun fallen schon die vermehrt steigenden Wolkenobergrenzen über der Bretagne auf. Gleichzeitig strukturiert sich auch die Welle östlich von Island besser, die leicht eingeringelte Okklusion sowie Warm- und Kaltfront sind nun besser zu erkennen.
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Über dem Ärmelkanal dehnt sich das Wolkenfeld immer mehr in die Höhe aus, im Nördlichen teil eher stratiform, im südlichen sind auch konvektive Zellen dabei. Das schmale Wolkenband Richtung Atlantik könnte eine Andeutung einer eigenen kleinen Okklusion der Welle sein, allerdings nähern sich auch die beiden frontalen Wolkenbänder der Wellen an, so dass sich diese bald vereinigen werden. Auf dem Atlantik bildet sich rückseitig der beiden Wellen auch ein kräftiger Trogsektor aus, erkennbar an der sich langsam formierenden zellulären Schauerbewölkung.
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3 Stunden später hat sich der Wolkenschirm der Welle weiter verdichtet, über England ist nur noch eine kleine Wolkenlücke zwischen den beiden Frontensystemen zu sehen. Über Irland Richtung Schottland zieht wieder genau gleich wie beim vorhergehenden Tief ein Schwall Höhenkaltluft. Dieser macht die Luftmasse dort wieder instabil und lässt in den Schauern starke Böen zu. Nun ist der Gradient bei diesem Wellentief nicht vergleichbar mit dem des vorherigen Orkantiefs, aber für einige starke Böen hat es trotzdem gereicht. Dazu sehen wir uns noch einmal das Satbild noch einmal 3 Stunden später an.
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Hinter dem Okklusionswolkenband folgt eine erste kräftige Schauerlinie nach. Eventuell ist das Frontensystem hier auch noch nicht ganz okkludiert und es handelt sich um die Kaltfront. Hierzu nochmal ein Blick auf die Theta-E-Karte.
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Das Frontensystem scheint hier schon weiter okkludiert, allerdings kann es auch sein, dass ich die Okklusion etwas zu weit südlich angesetzt habe und England noch im Bereich des Warmsektors liegt. Dass die Kaltfront jedoch bis zu dem Nordteil der Schauerlinie reicht halte ich anhand der Theta-E's für unwahrscheinlich, allerdings sagt das Satbild da ein wenig was anderes. Vielleicht noch ein kleiner Beweis, dass ein Modell eben nur ein Modell ist und nicht die Realität ersetzt? Auf jeden Fall zieht diese Schauerlinie nun mit Turbulenzen und Heruntermischen der Höhenwinde über Schottland hinweg und sorgte erneut für eine 152 km/h-Böe an der Station „Cairngorm Mountains“ um 09:00 Uhr, auch „Aonach Mor“ schaffte um 08:00 Uhr immerhin noch eine 102 km/h-Böe. Kein Vergleich zu dem vorhergehenden Tief, aber auch für den Gradienten recht ordentlich.

Am Abend dann zeigt sich eine wunderbare Sturktur im Satbild, erstmal die Theta-E-Karte
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Das Frontensystem des Randtiefs hat nun Deutschland erreicht und sorgt hier für zeitweilige Regenfälle. Daran schließt sich eine geschwungene Okklusion an, die das Randtief mittlerweile auch mit dem Zentraltief verbindet. Interessanter für die optische Entwicklung ist die Situation auf dem Atlantik. Hier konnte sich auf der Vorderseite eines gerade noch im Bildausschnitt befindlichen Tiefs bei Neufundland ein schwacher Hochdruckkeil aufwölben, welcher allerdings verhindert, dass die Rückseite des Island-GB-Tiefdruckkoplexes mit seinem Höhentrog und der Höhenkaltluft sofort wieder vom nächsten Tief mit seiner Warmluftadvektion „zugeschüttet“ wird und sich ken schöner Schauerteppich ausbilden kann. Durch die leichte Keilaufwölbung kommt kurz eine Nordwestströmung zu Stande, die Höhenkaltluft von bis zu unter -40°c auf den Atlantik auf die westeuropäische Küste zu transportiert.
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Die Karte der 500 hPa-Temperatur zeigt das gut. Eine Kaltluftstraße bildet sich dort auf der Rückseite des Tiefdruckkomplexes. Dies sorgt über dem Meerwasser des Atlantiks für eine ordentliche Labilität und der Atlantik stellt auch genau feuchte Luft bereit. So können wir uns also zurücklehen und den Anblick dieses Satellitenbildes genießen.
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Sofort und unwiderstehlich springt einem der wunderschöne Trogsektor ins Auge. Die Höhenkaltluft hat über dem Atlantik bis an die französische Küste reichend kräftige Schauerlinien ausgelöst, teilweise fast ohne Lücke dazwischen. So schön und mit so kräftig ausgeprägten Cb's sieht man einem konvektiven „Teppich“ selten. Auch nicht zu verachten sind die recht hochreichenden Troglinien über den britischen Inseln, dort fallen vermutlich kräftige Schauer und Gewitter. Auch im Westen Deutschland haben sich im Einflussbereich des Frontensystems und langsam etwas zunehmender Höhenkaltluft einzelne Schauerlinien gebildet. Mit diesem schönen Satbild verabschieden wir uns nun von dieser schönen Zyklone und schnaufen kurz durch. Dank des Zwischenkeils auf dem Atlantik alterte der Trog über Westeuropa und Westeuropa erlebte eine kurze Pause von den stürmischen Zeiten. Lange sollt diese aber nicht dauern und das ganz dicke Ende folgte in der zweiten Hälfte dieser turbulenten Westlage.

Das Zentraltief bei Island/GB hatte ein wenig geschwächelt und sich nach Norden „verdrückt“, Zeit also für ein junges, „unverbrauchtes“ Tief den Platz zu übernehmen.
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Und von Westen nähert sich auch prompt schon der passende Kandidat, ein kräftiges Tief, von Neufundland kommend. Das Tief bügelt den „lästigen“ Zwischenkeil mit seiner Warmluftadvektion einfach platt und lässt die Westautobahn mit einem neuen Schwall feucht-warmer Luft in seinem Warmsektor erneut in Fahrt kommen. Wie man auf dem westlichsten Kartenausschnitt sieht, ist diese Luft geradezu tropisch feucht mit Theta-E-Werten nahe 60°c, und das mitten im Winter! Energie „en masse“ also für noch bevorstehende Tiefdruckentwicklungen, weiterhin ein sehr starker “jetstreak“ über den entstehenden Zyklonen, die Lage war in der Hinischt auf mögliche Schnellläufer-Orkane für Westeuropa brisant gut.
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Im Satellitenbild sieht das Tief über dem Atlantik recht imposant aus. Eine hochreichene und dichte Kaltfront lässt an der scharfen Luftmassengrenze hohe Niederschläge vermuten, die Warmfront ist ein wenig lückenhaft westlich de iberischen Halbinsel zu finden und vom Okklusionspunkt zweigt etwas undeutlich die Okklusion nach Nordwesten ab. Über Westeuropa herrscht ein wenig trügerische Stille, die Reste des Troges, der noch wenig zuvor noch so imposant aussah, vegetieren dort ein wenig vor sich hin, stärkere Schaueraktivität gibt es in seinem Bereich nur noch an der südwestfranzösischen Küste und zwischen Schottland und der südwestnorwegischen Küste. Lange wird die Konvektion aber nicht im Trog sprießen, denn die Warmluftadvektion in der Höhe des nahenden Atlantiktiefs nimmt die Labilität und lässt das Geopotential im Bereich Westeuropa steigen. So stellt sich die Situation 12 Stunden später so dar.
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Das Tief ist, zumindest mit seinen Ausläufern, der Kern bewegt sich kaum, ein ganzes Stück weiter in Richtung Europa herangekommen, die ersten Wolken sind über Irland und Portugal bereits aufgezogen. Laut Theta-E's und Bodendruckfeld hat sich an der Kaltfront des Wirbels eine Welle gebildet, im Satbild ist diese allerdings nicht so gut zu erkennen. Dazu aber gleich, zunächst noch ein Blick Richtung Neufundland, wo sich in einem sehr energiereichen Umfeld eine Welle gebildet hat, die später noch für Deutschland interessant werden wird. Nun aber zum Satbild.
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Die Strukturen der Theta-E-Karte sind hier nicht so ersichtlich, man erkennt gut die Warm- und Kaltfront des Systems, die Kaltfrontwelle ist aber nicht gut ersichtlich, die Okklusion kann man gut erahnen, ganz passen die Strukturen aber nicht mit der Theta-E-Karte zusammen (wobei ich mir auch nicht sicher bin, ob ich da die Okklusion richtig gezeichnet habe). Ostdeutschland wird von einem Tief beeinflusst, das sich aus dem Mittelmeerraum kommend nach Norden verlagert hat. Noch passiert allerdings nicht so viel, so dass wir schnell 12 Stunden weiter springen...
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Weiterhin verlagert sich der Kern kaum nach Westen, das Frontensystem aber schon. Folglich wird der Kern weiter von den energiereichen Luftmassen getrennt und zieht nicht mit dem Frontensystem nach Europa sondern „nistet“ sich wie vermutet als neues Zentraltief bei Island ein. Daher ist wieder eine „Rutsche“ für Randtiefs da, die auch, wie auf der Karte zu sehen munter von Neufundland heran strömen. Dieses Randtief hat weiterhin sehr energiereiche Luft auf seiner Südseite zur Verfügung, dazu eine äußerst markante Theta-E-Drängung. Das Tief hat also gute Bedingungen für eine Vertiefung. Über Europa bildet sich mittlerweile eine Luftmassengrenze heraus, an der sich mehrere Tiefs tummeln. Betrachten wir uns die Strukturen mal im Satbild.
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Hinter dem Frontensystem des neuen Zentraltiefs hat sich eine markante nahezu wolkenfreie Absinkzone gebildet. Im Bereich der einkringelnden Okklusion kann man einen „dry slot“ erkennen, stromaufwärts einen weiteren Okklusionskringel. Das Wolkenband des Frontensystems reicht bis weit nach Süden, auch die Wolken bei den Kanarischen Inseln scheinen noch zu dieser Luftmassengrenze zu gehören. Im Trogsektor sieht man zum einen seichte zelluläre Bewölkung im Nordteil, zum anderen etwas hochreichendere Bewölkung westlich der britischen Inseln, welche aber von der Struktur her nicht wirklich zu konvektiven Zellen zu gehören scheint. Vielleicht eine kleine Verwellung innerhalb des Trogsektors, die GFS nicht sauber analysiert?! Jedenfalls sorgt dieses Tief wieder für strammen Wind in Schottland, besonders auf den Bergen. Die Station „Cairngorm Mountains“ meldete am 22.1. um 03:00 Uhr 143 km/h, „Aonach Mor“ zur selben Zeit 141 km/h. „South Uist Range“ als Inselstation meldete immerhin noch 104 km/h zur selben Zeit. Weiter stromaufwärts kommen im Satbild langsam die Wolken des Wellentiefs ins Bild. Noch sind keine großartigen Strukturen zu erkennen, ein wenig eher unorganisiertes Aufgleiten an der Warmfront. Lohnender ist schon ein Blick Richtung Nordafrika. Dort kringelt sich ein Tief wunderbar ein und zeigt wunderschöne Strukturen an der Okklusion, am östlichen Ende der Kaltfront auch ein paar konvektive Zellen. Über dem östlichen Mitteleuropa ist ein kleinräumiger aber intensiver Aufgleitschirm zu sehen, der vermutlich mit der Warmfront des Tiefs über Kroatien zusammenhängt (die ich wohl etwas zu südlich habe aufhören lassen). Dazwischen Deutschland zwischen den Stühlen mit wolkenarmem Wetter.
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12 Stunden später hat sich nicht so viel geändert. Das Frontensystem des Islandtiefs okkludiert immer weiter und dringt Richtung Mitteleuropa vor. Rasend schnell wird dieses aber eingeholt, das Wellentief auf dem Atlantik legt unter dem „jestreak“ einen regelrechten Sprint hin und hat bereits Tuchfühlung zum Frontensystems des Islandtiefs aufgenommen.
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Auch im Satbild zeigt sich diese Situation gut. Die Welle hat mittlerweile ein recht ausgedehntes Wolkenfeld entwickelt. Die Kaltfront ist an einem hochreichenden Wolkenband in westlicher Verlängerung der Bretagne zu erkennen, die recht massive Aufgleitbewölkung über Spanien und westlich von Frankreich gehört zur Warmfront. Diese war mit recht kräftigen Niederschlägen verbunden, die später auch in Deutschland für teilweise hohe Niederschlagsmengen sorgte. Über Europa sieht man noch das langsam alternde Frontensystem, die Wetteraktivität ist nicht mehr sonderlich hoch, wie man an den lückenhaften Wolken sieht. Das Frontensystem wird recht rasch von der Welle eingeholt, weshalb die vorderseitige Warmluftadvektion die Aktivität dämpft. Das Islandtief kringelt sich derweil munter weiter ein, Okklusion und „dry slot“ drehen die zweite Runde. Südlich davon zeigt sich eher seichte Trogbewölkung. Beachtung finden sollte auch das massive Wolkenband des Tiefs über dem Baltikum, was dort sicher für sehr starke Niederschläge gesorgt hat. Der „Kringel“ des Tiefs über Nordafrika hat optisch gegenüber des letzten Satbildes abgebaut. Das Okklusions-/Kaltfrontwolkenband ist aber weiterhin hochreichend und dicht, aufgrund der teilweise konvektiven Strukturen sind auch Gewitter dort denkbar.
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Mit Beginn des Freitages stehen zwei in Sachen Windentwicklung sehr denkwürdige Tage an. Was sich an diesen Tagen abspielte ist zyklonale Gewalt in heftigster Form. Deutschland wurde vom ersten der zwei Schnellläufertiefs beeinflusst und hatte damit das gute Los gezogen. Tief „Joris“, die Welle, die wir schon in den letzten Karten begleitet haben liegt zu dieser Zeit über Südengland und hat sich auf 975 hPa vertieft. Unter weiterer leichter Vertiefung ist „Joris“ bereit auf Deutschland überzugreifen. Das Frontensystem „überfährt“ nun die Fronten des alten Isalndtiefs quasi, diese sind nur noch verkürzt vorhanden und kaum noch wetteraktiv. „Joris“ führt immer noch sehr energiereiche Luft im Warmsektor mit, was zu starken Niederschlägen über Mitteleuropa führte. Verlassen wir aber nun kurz „Joris“ und schauen auf den Atlantik. Dort betritt nun ein Wellentief die Bühne Europaausschnitt, welches definitiv auf lange Zeit einen festen Platz in Europas Wettergeschichte einnehmen wird. Recht unscheinbar hebt es sich bis jetzt noch nicht von den vielen anderen Wellen ab, die in den letzten Tagen über den Atlantik in Richtung Europa gebraust sind. Ähnlich wie bei „Joris“ sind jedoch die Theta-E-Gradienten an den Fronten recht stark und auch die Luftmasse im Warmsektor ist für Winter hoch. Der „jetstreak“ bläst weiterhin mit voller Power über die Frontalzone hinweg. Zwar sehr gute Bedingungen für eine intensive Sturmtiefentwicklung, aber wer hätte gedacht, dass so ein (mir sei der unsachliche Ausdruck verzeihen ;)) Monster daraus wird. „Klaus“, so heißt es, werden wir uns aber später widmen, nun ist erstmal „Joris“ an der Reihe.
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Das mitteleuropäische Wetterbild wird eindeutig von „Joris“ bestimmt. Zwischen grönland und Norwegen schwingt sich die Okklusion des Islandtiefs geradezu majestätisch durch die Atmosphäre. „Joris“ indessen zeigt über Westeuropa schöne typische Strukturen einen kleinräumigen Sturmtiefs. Das einen leichten Bogen beschreibende recht dichte Wolkenband von den kanarischen Inseln ausgehend bis weit auf den Atlantik beherbergt die Warm- und Kaltfront, dies ist das „barokline Blatt“, gebildet durch das warme Förderband. Richtung Südengland und Nordfrankreich/Belgien schließt sich die Okklusion, gebildet durch das hinter dem warmen Förderband aufsteigende kalte Förderband, an. Daziwschen erkennt man etwa über Cornwall und Devon einen keilförmigen nahezu wolkenfreien Bereich, der sich zwischen Kaltfront und Okklusion „bohrt“. Dies ist der „dry slot“, der nahezu immer bei der Entwicklung solch kleinräumiger Sturmzyklonen eine Rolle spielt. Wird durch den „dry slot“ trockene Stratosphärenluft über dem Tiefkern in tiefere Luftschichten transportiert steigert sich dort die Instabilität der Luftmasse und ermöglich teilweise raschen Kerndruckfall. Eine gewichtige Rolle spielte solch ein „dry slot“ auch beim allseits bekannten Fall „Lothar“ im Dezember 1999. „Joris“ zieht also mit diesen klassischen Strukturen in Richtung Mitteleuropa.
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Freitag, 6 UTC. „Joris“ greift mit seinem Frontensystem auf Deutschland über. An seiner Warmfront erreichen den Westen kräftige Niederschläge. Gleichzeitig ist der Kerndruck noch ein wenig gefallen. Unter 970 hPa und das über Deutschland? Das hört sich zunächst mal nach einem ziemlich heftigen Sturm an. Doch der tiefe Kerndruck alleine macht noch lange keinen Sturm, „Joris“ sollte als für das Winterhalbjahr normales stürmisches Tief über Deutschland hinwegziehen. Um es vorwegzunehmen, „Joris'“ stärkste Böe außerhalb des Berglandes war laut UWZ-Lagebericht eine 96 km/h-Böe in Bietzen im Saarland. Im Norden Deutschland sorgte „Joris“ außerdem vor allem rund um Hamburg für ein kurzes Winterintermezzo mit Schneehöhen kurzzeitig bis zu 5 cm. Alles in allem also ein recht wetteraktives Tief, jedoch alles kleine Fische gegen das, was der Freitag Abend noch bringen sollte. „Klaus“ liegt zum 6 UTC-Termin noch mehr oder weniger friedlich auf dem Atlantik, hat sich gemütlich um 5 hPa in den letzten 6 Stunden vertieft und winkelt seine Fronten langsam etwas stärker an.
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Freitag 12 UTC. „Joris“ überzieht Deutschland mit seiner Frontenbewölkung, verbreitet fällt teils kräftiger Regen, besonders im Norden auch Schnee. Postfrontal haben sich unter Einbezug höhenkalter Luftmassen einige Schauer- und Gewitterzellen über dem Südwesten Deutschland gebildet, unter deren Einfluss wohl auch die starken Böen Richtung Saarland aufgetreten sind. Verlassen wir nun aber „Joris“ und schauen auf den Atlantik. Die um 6 UTC noch recht moderate Welle durchläuft auf dem Satbild einen Prozess, der schon ein wenig der zyklonalen Urgewalt erahnen lässt, die von „Klaus“ bald als voll entwickeltes „Schwerstorkantief“ ausgehen sollte. Das „barokline Blatt“ mit Warm- und Kaltfront erstreckt sich, wie in der vorigen Theta-E-Karte zu sehen leicht gewinkelt von Galicien bis auf den Atlantik wo schließlich die Kaltfront in ein schmales Wolkenband mündet. Viel interessanter und gefährlicher ist aber der Prozess, der sich Richtung Okklusion abzeichnet. Diese wird durch einen markanten „Wolkenkopf“ dargestellt, der sich nördlich des „baroklinen Blattes bereits leicht umgebogen ausdehnt. Zwischen Kaltfront und Okklusion bohrt sich mit Gewalt ein starker „dry slot“, zu sehen an der tiefroten Färbung der Luftmasse, die Stratosphärenluft anzeigt. Dieser „dry slot“ dringt bis über den Kern des Welletiefs „Klaus“ vor und die Katastrophe für die Nordküste Spaniens und den Südwesten Frankreichs nimmt ihren Lauf. Durch das Überlagern des „dry slots“ mit dem Tiefkern setzt eine starke Vertiefung ein, zwar keine extreme, aber das ist hier auch nicht der wichtigste Punkt. Dazu schauen wir und die nächste Theta-E-Karte an.
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Freitag 18 UTC. „Joris“ kringelt sich ein wenig schwindelig über Deutschland und schickt seine Niederschlagsgebiete im Kreis. Die Warmfront habe ich hier, wie ich im Nachhinein gemerkt habe falsch eingezeichnet, diese gehört eher als Kaltfront zum Tief über Nordwestrussland, „Joris“ ist wohl zum größten Teil schon okkludiert. Auf jeden Fall ist „Joris“, obwohl auch schon ein nettes Sturmtief, jetzt eher uninteressant. Dramatisch wird die Lage jetzt in Nordwestspanien. „Klaus“ hat sich mittlerweile einen netten Gradienten an der Südwestflanke zugelegt. Der entscheidende Punkt für die Orkanböen ist der markante Druckanstieg im dritten Quadranten von „Klaus“. Ohne eine große zeitliche Druckänderung nützt ein tiefer Kerndruck nichts, wie man an „Joris“ sehen kann, hier war der Kerndruck sogar etwas tiefer als bei „Klaus“. Aber Klaus hatte den extrem markanten Gradienten an seiner Südwestflanke und das, und dies machte die Katastrophe komplett genau im Überlagerungsbereich zur Kaltfront und der nachfolgenden Okklusion. Durch die Labilität der Luftmasse war starker vertikaler Impulstransport die Folge, welcher den Höhenwind von schon über 75 Knoten (138 km/h) in 925 hPa sehr gut heruntermischen würde. In 850 hPa waren sogar über 90 Knoten (166 km/h!!) vorhanden.
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Auch das Satbild lässt die dramatische Situation erahnen. Der „dry slot“ hat sich mittlerweile ausgedehnt und beginnt die Kaltfront zu überrennen. Dies ist ebenfalls ein Merkmal markanter Sturmzyklogenesen, „Kyrill“ und „Emma“ waren ebenfalls solche Fälle. Die Kaltfront erhält dadurch noch zusätzlich Instabilität und kann sich dann nicht selten zu einer winterlichen „squall line“ mit extremen Böen entwickeln. Die Warmfront hat mittlerweile Frankreich erreicht. Mitten im Warmsektor liegt zu dieser Zeit Spanien, der Begriff Warmsektor passt hier auch sehr gut, im Süden und Osten Spaniens wurden mit 23-25°c hohe Temperaturen gemessen. Nun beginnen aber die dramatischen Stunden für Nordspanien.
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Freitag 22 UTC. Die Kaltfront und die eingekringelte Okklusion erreichen mit voller Gewalt Nordspanien. Sie sind mittlerweile in diesem Bereich ganz vom „dry slot“ überrollt. Zusammen mit dem starken Druckgradienten sorgte das für extreme Orkanböen an der Nordküste Spaniens an der Südwestflanke von „Klaus“. Am schlimmsten traf es die Station „Punta Candeeira“ an der Nordkante Galiciens. Hier wurde um 22:00 Uhr eine unfassbare Böe von 215 km/h gemessen! Um 23:00 Uhr gab der Windmesser keine weitere Meldung mehr ab. Weitere extreme Orkanböen von über 170 km/h traten in der Region auf, z.B. in „Malpica“ mit 183 km/h. Nach Galicien wütete „Klaus“ mit seinen Orkanböen in den westlich gelegnen Provinzen Asturien und Leon. An der Station „Ancares“ an der Grenze zwischen Galicien und Leon wurden 182 km/h gemessen und in „Gijon“ an der Küste Asturiens sogar 199 km/h! Hier im Nordwesten Spaniens erreichte „Klaus“ extreme Dimensionen, es kam zu vielen Sachschäden und auch zu Toten.
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Samstag 0 UTC. Nordwestspanien hat das allerschlimmste schon fast hinter sich, nun beginnt die Orkanlage in Südwestfrankreich akut zu werden. Mit dem nördlichen Ende der Kaltfront in der Nähe des Okklusionspunktes zieht eine hochlabile Zone auf die Region zu, in der sich auch schon markante Konvektion herausgebildet hat. Mit der Kaltfront bricht dann das Orkanfeld über Südwestfrankreich herein, in dem es durch die Okklusion, die sich mehrfach um den Kern wickelte guten vertikalen Impulstratsport gibt. Um 00:00 Uhr, kurz vor Eintreffen der Kaltfront ist die Situation aber noch ruhig. Die Maxböen im Bereich Bordeaux lagen im Moment noch bei im Vergleich zu dem was noch kommen sollte lächerlichen 39 km/h. Erstes Unheil verkündete aber eine 83 km/h-Böe an der Station „Pointe de Socoa“ in der Grenzregion Spanien-Frankreich.
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Samstag 1 UTC. Die Kaltfront greift auf die südwestfranzösische Küste über. Neben dem mächtigen Aufgleitschirm der Warmfront und Okklusion erscheint sie im Satbild ein wenig kümmerlich, aber dem ist nicht so. Vollständig vom „dry slot“ überlaufen hat sich dort einen Linie von konvektiven Zellen gebildet, die nun über die Küstenregion hinwegfegen. Gegen 3 UTC erreicht dann der rückseitige Sektor von „Klaus“ die französische Küste. Die Kombination aus extremem Gradient und Labilität durch die Okklusion sorgen hier für Böen bis zu 91 km/h an den Stationen „Camp Ferret“ und „Biscarosse“. Allerdings war das unglücklicherweise erst die „Aufwärmphase“.
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Samstag 3 UTC. Die Kaltfront ist mittlerweile weiter Richtung Landesinneres gezogen und das erste Band der Okklsuion trifft die Südwestküste Frankreichs hart. „Biscarosse“ meldet zum Termin eine 159 km/h-Böe. Die nahegelgenen Stationen „Cap Ferret“ und „Cazaux“ erreichen 144 bzw. 137 km/h. Für die Küstenregion begannen damit schwere Stunden mit anhaltenden schweren Orkanböen. Um 05:00 Uhr melden die Stationen „Biscarosse“ und „Cap Ferret“ mit 171 km/h ihre Spitzenböen des Orkanes „Klaus“. Aber auch durch „Bordeaux“ fegt nun eine Spitzenböe von 161 km/h. In so einer großen Stadt geradezu verheerend. Um 06:00 Uhr wütet „Klaus“ an der Küste unvermindert weiter, immer neue konvektive Schübe der Okklusion erreichen in Kombination mit dem Orkanfeld die Küste. „Biscarosse“ meldete 165 km/h, „Cap Ferret“ 161 km/h, „Bordeaux“ zum Glück „nur“ noch 135 km/h (das man bei der Geschwindigkeit mal das Wort „nur“ benutzen muss!).
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Samstag 6 UTC. Das Orkanfeld+Okklsuion scheint es sich ein wenig über der französischen Küste gemütlich gemacht zu haben, die Region südlich von Bordeaux liegt immer noch voll im Einflussbereich des Orkanfeldes. Um 07:00 Uhr gibt es immer noch verbreitet Orkanböen in der Region, „Cap Ferret“ meldet die Spitze von 151 km/h. Wie auf dem Satbild zu erkennen ist schiebt die ausgedehnte Okklsuion immer weiter konvektive Staffeln in Richtung Küste. Um 08:00 Uhr meldet „Cap Ferret“, eventuell durch die Ankunft einer solchen Staffel erneut eine 169 km/h-Böe. Langsam „fressen“ sich die Orkanböen aber auch ins Festland herein. Die Station „Pau“ am Fuß der Pyrenäen misst schon deutlich abseits der Küste eine Orkanböe mit 131 km/h. Über dem Land fallen die Orkanböen bei Passage des Windfeldes nicht so markant aus wie an der Küste, für glatte Bft. 12 reicht es dennoch des öfteren. So z.B. 130 km/h in „Mont-de-Marsan“ etwas abseits der Küste um 09:00 Uhr, 119 km/h in „Toulouse-Blagnac“ und 126 km/h in „Saint-Girons“ um 11:00 Uhr, diese beiden Stationen liegen im südfranzösischen Binnenland, bzw. Saint-Girons in den Pyrenäen auf 411 m. Auch an der französischen Mittelmeerküste kommt der Orkan nun an. Orkanböen um 11:00 Uhr melden dort „Leucate“ mit 122 km/h, „Carcassonne“ mit 119 km/h und „Beziers-Vias“ ebenfalls mit 119 km/h. An der Atlantikküste tobt „Klaus“ derweil noch bis zum späten Vormittag mit Orkanböen, hier wurden über einen Zeitraum von 6-7 Stunden durchgängig teils schwere Orkanböen gemessen, ein Umstand, der „Klaus“ zu einem extrem gefährlichen Orkan machte. Danach flaut der Wind langsam ab, bleibt aber trotzdem noch für mitteleuropäische Verhältnisse böig bis stürmisch mit 60-80 km/h. Damit ist „Klaus“ aber noch nicht überstanden.
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Samstag 12 UTC. Die Atlantikküste entkommt langsam aus dem Klammergriff von „Klaus“, die konvektiven Staffeln und die dichte Isobarendrängung verziehen sich nach Osten. Über das Binnenland zieht „Klaus“, wie bereits erwähnt mit einigen Orkanböen, aber deutlich moderater als an der Küste. Nun kommt die zweite gefährliche Phase, die Zugphase über die Mittelmeerküste. Eine erste Böe, die erahnen lässt, dass das ähnlich „spaßig“ werden wird wie an der Atlantikküste wird um 12:00 Uhr aus „Leucate“ an der südlichen Mittelmeerküste gemeldet – 148 km/h. Aus dem Satbild wird ersichtlich, dass dort kräftige konvektive Linien durchziehen, die die immer noch sehr starken Höhenwinde bestens heruntermischen. Auch „Perpignan“ leicht südlicher gelegen meldet mit 119 km/h bereits Bft. 12. Eine Stunde später dann der Paukenschlag, mit 183 km/h meldet „Perpignan“ die Maximalböe von „Klaus“ in Frankreich, ab dann kommen keine Böenmeldungen mehr von dort, genau wie nach der 215 km/h-Böe in „Punta Candeeira“ in der Nacht. Aber „Klaus“ hat immer noch nicht genug. Die Mittelmeerküste bekommt ebenfalls eine ganz besondere Orkanintensität zu spüren. Im äußersten Südzipfel Frankreichs an der Station „Cap Bear“ wird um 16:00 Uhr und 17:00 Uhr jeweils die 183 km/h-Böe von Perpignan eingestellt, nach einer Stunde nicht gemeldeter Böen dann 162 km/h um 19:00 Uhr und 161 um 20:00 Uhr. Also eine Intensität und Dauer der schweren Orkanböen, die der Atlantikküste um nichts nachsteht. Auch der Nordosten Spaniens wurde von „Klaus“ getroffen, so stürzte in Barcelona nach einer Maxböe von 140 km/h eine Sporthalle ein und 3 Kinder starben. Im Rest von Südfrankreich hatte sich die Situation mittlerweile beruhigt. Die Böenspitzen halten sich nun zumeist unter 50 km/h auf, so dass die Menschen dort aufatmen können. Derzeit ist insgesamt von 14 Opfern von „Klaus“ die Rede, man kann aber nahezu sicher davon ausgehen, dass da noch einige Fälle dazukommen werden.
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Samstag 18 UTC. „Klaus“ hat sich mittlerweile doch abgeschwächt und ist quasi zum Randtief von dem Tief geworden, was sich am Morgen noch an seinem eigenen Okklusionpunkt gebildet hat. Für einzelne starke Böen reicht es nur noch direkt an der südlichen Mittelmeerküste, sonst entspannt sich mit Aufwölben einen Bodenkeils über Spanien/Frankreich die Situation. Der Tiefkomplex „Klaus I + Klaus II“ wird nun aufs Mittelmeer ziehen und sich dabei weiter abschwächen. Auf dem Atlantik sieht man schon ein weiteres optisch ansprechendes Tief nahen, aber lassen wir diese Lage nun zumindest in diesem Beitrag ruhen, mit „Klaus“ hat diese Lage eine würdigen und gleichzeitig unwürdigen Abschluss gefunden. Ein Super-Orkan, wie er wohl nur selten vorkommt in Europa. „Klaus“ wird wohl auch in ein paar Jahren noch einen Platz in den Namen einnehmen, die man aufzählt, wenn man sich an heftige Orkane erinnert, Anatol, Lothar, Jeanett, Kyrill, Klaus...
Eine Westlage geht damit zu Ende, die lange Anlauf nahm um mit dem ganz dicken ende zu kommen. Ich hoffe viele haben den Beitrag bis hierhin durchgehalten und ihn auch mit Freude und nicht mit Langeweile gelesen ;)
Wer Fehler findet darf sie nicht behalten sondern sie korrigieren.

MfG (und wunden Fingern)
Jan Hinrich


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Verfasst: Sa 24. Jan 2009, 23:32:22 


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