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BeitragVerfasst: Mi 14. Sep 2022, 12:53:48 
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"Klima und Gesellschaft in Europa - die letzten 1000 Jahre"

Das ist das Buch, was ich derzeit noch lese und von dem ich schon einen großen Teil gelesen habe.

Im ersten Kapitel werden allgemeine Dinge geklärt, also Begriffe betreffend das Wetter und Klima dargelegt.

Im 2. Kapitel wird dargestellt, wieso Ötzi so lang unter einer Schnee- und Eisdecke verborgen liegen konnte, deutlich mehr als 5.000 Jahre: Als er vor ca. 5.250 Jahren ermordet wurde, ging gerade das sogenannte Atlantikium vorbei, eine längere sehr milde Phase. So mild wurde es danach nie mehr, bis in die 90er Jahre des 20. Jahrhunderts. Die Abkühlung brachte starke Schneefälle, auch gerade in den Bergen, wo Ötzi zu liegen kam. Der Ort, an den er, mit einer Pfeilspitze in der Schulter, zu liegen kam, war für mehr als 5000 Jahre nicht mehr schneefrei, und da es sich um eine Mulde handelte, begann das Eis auch nicht zu fließen und ihn mitzuziehen, was den Körper wahrscheinlich zerstört hätte. Zwar gab es immer wieder wärmere Phasen (Subatlantikum, Warmperiode der Römerzeit, Mittelalterliche WArmzeit), aber so warm wie im Atlantikum wurde es nicht mehr. Erst als in den 90er Jahren zunehmend warme Sommer auftraten, und das in Serie, wurde die Stelle wieder freigelegt und Ötzi konnte gefunden werden.

Im 3. Kapitel geht es um das "Jahr ohne Sommer", also 1816, das durch den Ausbruch des Tambora hervorgerufen wurde. Vulkanausbrüche haben in der Geschichte immer wieder zu Abkühlungen geführt, so auch der des Samalas (wie der Tambora in Indonesien gelegen) im Jahr 1257, der ebenfalls zu einem, allerdings wesentlich weniger dokumentierten, kalten Sommer führte.


Im 4. Kapitel geht es um Quellen, wie man das Klima früherer Zeiten bestimmen kann. Wichtig sind hier Baumringe, Proben aus dem Eis in Grönland, der Antarktis, aber auch in Gletschern, sowie langsam wachsende Tropfsteine aus Höhlen, die ebenfalls Aufschluss geben können, und Sedimentablagerungen in Seen wie im Meer. Dazu kommen natürlich mit der Zeit zunehmende Beobachtungen des Menschen. Schon im Mittelalter gab es dazu mitunter Aufzeichnungen in Klöstern, später wird es immer mehr, während ab dem 17. Jahrhundert erstmals auch instrumentale Messungen hinzu kommen, die aber erst ab dem 19. Jahrhundert ein dichtes Messnetz bilden.

Im 5. Kapitel geht es um die Methodik, wie man aus den Quellen eine Klimageschichte zusammen bastelt, denn die Quellen muss man ja auch korrekt deuten, die Palöometereologischen Ergebnisse aus Naturquellen richtig bewerten.

Im 6. Kapitel gibt es einen Überblick über die Klimazonen Europas, die ja doch recht unterschiedlich sind.

Im 7. Kapitel geht es um die Mittelalterliche Warmzeit, die unter anderem den Wikingern dazu verhalf, sich in Nordeuropa, nach Island und Grönland und kurzfristig auch bis nach Nordamerika auszubreiten. Auch damals gab es mitunter kalte Winter, wie 1076.

Im 8. Kapitel wird der Zeitraum der Kleinen Eiszeit behandelt und von Jahrhundert zu Jahrhundert durchgegangen. Vom 14. bis zum 19. Jahrhundert wird immer wieder mal davon berichtet, dass etwa die Lagune von Venedig, der Hafen von Genua oder Flüsse im Westen und Süden Frankreichs (Garonne, Rhone) oder sogar der Tejo in Spanien zufroren und dass die Nordseeküste einen kilometerbreiten Eissaum hatte. Aber es gab auch da mitunter warme Jahre, am herausragendsten ist das von 1540, das wohl das Heißeste des Jahrtausends war, wo vom Frühjahr 1540 bis Anfang 1541 wohl meist eine Omega-Lage geherrscht haben muss und wo es Anfang Dezember eine zweite Kirschblüte gab. Die meisten unterdurchschnittlich kalten Jahre gab es im 19. Jahrhundert, das war wohl der Höhepunkt der Kleinen Eiszeit mit einem extrem kalten Winter 1830, um dann so ab 1880 langsam etwas nach oben zu gehen. Das 20. Jahrhundert ist nicht mehr ganz so kalt, wobei es noch Ausreißer nach unten gibt (der Winter 1940/41 etwa, als in Russland während der Operation Barbarossa bis zu -45°C auf den Schlachtfeldern gemessen wurden, der Winter 1955/56, als es im Februar 1956 einen extremen Kälteeinbruch gab, bei dem es sogar an der Küste Algeriens schneite und natürlich der Winter 1962/63, als zum letzten Mal der Bodensee ganz zufror.

Die letzten 3 Kapitel muss ich noch lesen, das kommt dann noch nach.

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Verfasst: Mi 14. Sep 2022, 12:53:48 


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BeitragVerfasst: Do 15. Sep 2022, 16:32:08 
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Im 9. Kapitel wird nun die Auswirkung auf Mensch und Gesellschaft dargestellt. Gab es nur ein schlechtes Jahr, so hatte das im Allgemeinen noch nicht viel Auswirkung, da es noch Vorräte gab. Aber kamen 2 oder gar 3 schlechte Erntejahre hintereinander, dann waren die Vorräte aufgebraucht und es gab eine Hungersnot. Vom 11. bis ins 13. Jahrhundert wuchs, auch wegen vieler guter Jahre, die Bevölkerung stark an, es wurden viele Wälder gerodet (den gleichen Fehler macht man heute am Amazonas und anderswo) und in Ackerland umgewandelt, auch schlechte Lagen wurden genutzt. Aber auch da stellte man schon fest, dass gewisse Böden dann kaputt gingen, wenn durch Erosion der Humus weggespült wurde. Es ist davon auszugehen, dass in den 300 Jahren von 1000 bis 1300 rund 2/3 des vorher vorhandenen Waldes in Mitteleuropa gerodet wurde, vielleicht noch mehr. Schon ab dem frühen 14. Jahrhundert nahmen aber die schlechten Jahre zu und das Bevölkerungswachstum stagnierte. 1315 und 1316 waren die Ernten extrem schlecht, da gab es eine große Hungersnot. Ab 1347 traf die große Pest in Europa ein, so dass vermutlich bis zur Hälfte der Bevölkerung in Europa starb. Viele Felder lagen brach, es wuchsen Wälder nach, vermutlich verdoppelte sich die Waldfläche in der Zeit. Danach gab es immer mal wieder Hungersnöte, da aufgrund der beginnenden Kleinen Eiszeit häufiger nasse und kalte Sommer auftraten. Hier ist hinzuzufügen, dass die Grundherren normalerweise auch in schlechten Zeiten nicht bereit waren, auf ihren Zehnten zu verzichten, also die Abgaben, die die Bauern zu leisten hatten, und das galt auch für Klöster, die eigentlich auf einer christlichen Philosophie der Nächstenliebe aufgebaut sein sollten. Eine besonders schwierige Zeit war auch 1430 bis 1435, als es erneut sehr kalte u nd nasse Sommer gab und eine große Hungersnot auftrat. Um 1570 und in den 1590er Jahren gab es wieder jeweils schwere Hungersnöte. Im 17. Jahrhundert gab es den 30jährigen Krieg, der dann auch zu Hungersnöten führte, und im 18. Jahrhundert sticht besonders die Not hervor, die durch den Ausbruch des Laki in den 1780er Jahren verursacht wurde und die auch mit dazu beigetragen hat, dass es zur Französischen Revolution kommen konnte. Die letzte große europäische Subsistenzkrise gab es 1816-18, als das Klima durch den Ausbruch des Tambora so schlecht wurde, dass viele Ernten verdarben. Danach konnten Krisen auch dadurch abgewendet werden, dass das Transportwesen verbessert wurde, erst wurden Chausseen gebaut, dann kam die Eisenbahn, außerdem wurde der Anbau schon ab dem 18. Jahrhundert durch Mais (vor allem in Oberitalien) und Kartoffeln (Mitteleuropa) verbessert. Krisen waren nur noch örtlich, und auch nicht mehr notwendigerweise klimabedingt, so wie die irische Kartoffelnot, die durch einen eingeschleppten Pilz, Phytophthora infestans, verursacht wurde.

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BeitragVerfasst: Mo 26. Sep 2022, 16:45:06 
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Zwei Kapitel bin ich noch schuldig:

Kapitel 10: Hier wird noch einmal das Klima der letzten 1000 Jahre zusammen gefasst. Dann geht es auch um die Gründe und Auswirkungen. Hier sind unter anderem Solare Minima zu nennen, aber auch teils intensive vulkanische Tätigkeit. Solare Minima gab es in der Zeit dieser 1000 Jahre fünf. Die Gesamtdarstellung zeigt auch, dass es in der Zeit der Kleinen Eiszeit keineswegs immer nur kühle Sommer und kalte Winter gab. Sie waren nur im Schnitt häufiger als in der vorhergehenden Mittelalterlichen Warmzeit und im Anthropozän. Wirklich herausragende Sommer gab es im 19. Jahrhundert und bis 1947 nicht, herausragende Winter dagegen schon. Dann ging es auch noch um die Gletscherschwankungen. Ein Anwachsen der Gletscher gab es im 6. und 9. Jahrhundet, mit zwischenzeitlicher Gletscherschrumpfung. Einen weiteren Höhepunkt gab es um 1186, dann wieder 1395, 1666 und 1859/66, wobei insbesondere bei dem im 17. Jahrhundert teils Prozessionen abgehalten wurden, um ein weiteres Vordringen der Gletscher zu verhindern, die damals teils sogar Ortschaften bedrohten, so wieder Untere Grindelwaldgletscher, der damals Teile von Grindelwald bedrohte und auch Häuser kaputt machte. Die Gletscherzunge des Unteren Grindelwaldgletschers lag damals auf knapp über 1000 m, heute ist der Gletscher so gut wie verschwunden. Seit 1865 gab es keinen weiterern Höhepunkt mehr, in den 150 Jahren danach gingen die Gletscher auf den tiefsten Stand seit dem 10. Jahrhundert und teils noch tiefer, wie die Auffindung von Ötzi zeigt. Die Baumgrenze schwankt naturgemäß langsamer, aber auch hier ließen sich Veränderungen vorstellen. In der Zeit von Ötzi lag sie teils 200 m höher als um 1900, und seither steigt sie wieder etwas an. Man kann das auch feststellen, weil unter den Gletschern auch Überreste von Bäumen zum Vorschein kommen. Und dann geht's noch um die Wellen des Bevölkerungswachstums. Das war bis in die frühe Neuzeit stark vom Klima abhängig. In der Mittelalterlichen Warmzeit stieg die Bevölkerung deutlich an, was sich auch auf die Verringerung der Waldfläche auswirkte, da wirklich jeder Winkel, wo es einigermaßen ging, zum Ackerbau genutzt wurde. Ab dem 14. Jahrhundert, beginnend mit den schlechten Sommern um 1315 und dann noch mehr mit der Pest ab 1347, fiel die Bevölkerungszahl deutlich. Danach stieg sie langsam wieder an, auch dadurch, dass die Landwirtschaft effektiver wurde. Der 30jährige Krieg hatte einen negativen Einfluss. Ab dem 18. Jahrhundert stieg die Bevölkerungszahl immer stärker an.

Im Kapitel 11 geht es nun um den Anthropozän, also um die menschengemachtee Erwärmung. Als Hauptursachen, dass sich das so beschleunigte, sehen die Autoren das billige Erdöl, mit dem der Markt ab den 1950er Jahren, als man riesige Erdölvorkommen in den Ländern des Mittleren Ostens fand. Durch das Überangebot sanken die Preise, aber da die Erdölstaaten und auch die Mineralölfirmen trotzdem immer mehr Profit machen wollten, wurde einfach immer noch mehr gefördert. Dabei wurde der Verbrauch von Kohle nur geringfügig weniger, denn sie wurde zwar in Privathaushalten durch andere fossile Brennstoffe weitgehend ersetzt, aber es wurden immer weitere Kohlekraftwerke gebaut. So stieg der Ausstoß von CO2 fast exponentiell an. Hierzu heißt es auch, dass bereits um 1900 ein Wissenschaftler, nämlich Svante Arrhenius, Berechnungen anstellte, was ein Anstieg des CO2-Gehalts der Atmosphäre bewirken könnte. 1938 sprach der englische Wissenschaftler Guy Stewart Callendar vor einem wissenschaftlichen Gremium und zeigte erstaunlich genau auf, was bei weiterer CO2-Zufur in die Atmosphäre geschehen könnte - und wurde dafür verlacht. Als in den 1970er und 80er Jahren immer mehr Wissenschaftler vom Treibhauseffekt sprachen, brachte das die Klimaleugner auf den Plan. Konservative und wirtschaftsnahe amerikanische Thinktanks engagierten eigene Wissenschaftler, die "beweisen" sollten, dass das mit der Erwärmung Humbug ist. Die Klimaleugnerszene gibt es heute noch; leider hatte die Arbeit jener Wissenschaftler verhängnisvolle Folgen. Und am Ende gibt es noch einen Ausblick, dass nämlich die Sommer vor allem am Mittelmeer wärmer werden bis 2085, die Winter aber in Nordeuropa. Und das bemerken wir ja bereits.

Also, dieses Buch ist sehr wertvill und hat mich viel gelehrt. Ich weiß jetzt viel mehr über die Klimaentwicklung in der Mittelalterlichen Warmzeit und in der Kleinen Eiszeit. Ich weiß mehr über die Mechanismen, ich weiuß auch mehr über die Auswirkungen auf die Menschena. Wichtig dabei ist auch, dass hier dargestellt wurde, wie es den einfachen Menschen gab, und nicht nur Königen und Fürsten. Und es hilft mir auch, noch besser einzuschätzen, wie groß die Gefahr des Klimawandels ist, wenn nicht schleunigst gegengesteuert wird.

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