Einen angenehmen Abend allerseits,
ich möchte wieder etwas Leben in die Runde bringen, dazu habe ich Grund genug...
..der Spätherbst ist in Mitteleuropa mittlerweile unaufhaltsam, der Winter macht sich in Nordeuropa heimisch. Demzufolge gab es auch in Südskandinavien erste Schneefälle. Ich könnte theoretisch auch auf den Sachverhalt um den nordeuropäischen Wintereinbruch eingehen, das will ich zurzeit jedoch nicht, da es uns nicht betrifft. Nein, vielmehr betrifft uns kurzfristig ein durchaus markantes Ereignis: ein herbstliches Sturmtief.
In diesem Thread will ich genauer auf diese Aspekte eingehen.
In den vergangenen Stunden suchte das uns bekannte Orkantief " Becky"... ein normales Tiefdruckgebiet der Westwindzone die westeuropäischen Küstengebiete heim ( brittanische Westküste... doch auch die französische Küste war betroffen.... zum einen durch Wind, zum andere durch den daraus folgernden immensen Seegang. Becky vertiefte sich in den Tagen zuvor in einer Entwicklung, die der einer " rapid cyclogenesis" bei weitem gerecht werden kann.
Mitteleuropa tangierte dieses markante Witterungsereignis eher peripher. Insofern bekamen wir die Anwesenheit dieser Zyklone mit, als dass dessen Niederschlagsgebiet ( gebunden an eine Okklusion) sich momentan über der Bundesrepublik befindet... ferner erkennbar auf den Simulationen des niederländischen Wetterdienstes KNMI.
Da es einige geben könnte, die unter dem Begriff der " Okklusion" nicht allzu viel verstehen, so sollten auch diese eine umfangreiche Erläuterung diesbzgl. erhalten.
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Unter einer Okklusion versteht man eine Front, die durch die Vereinigung einer Warm- mit einer Kaltfront entsteht. Okklusionen entstehen regelmäßig im Reifestadium einer Zyklone.. eben aus dem Grunde, weil die Kaltfront weitaus schneller wandert als die ihr vorausgehende Warmfront. Zwischen diesen beiden Fronten finden wir Warmluft.... diese wird durch die sich nähernde Kaltfront immer mehr zusammengeschnürt, worauf sie sich vom Boden abhebt. Dort, wo sich Warm- und Kaltfront berühren ( hier beginnt die Okklusion) finden wir den sogenannten Okklusionspunkt.
Bzgl. der Definition hätte ich noch einiges zu erwähnen, aber für einige Laien möchte ich nicht allzu viel auf einem Haufen hier einstellen.
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Die derzeitige Großwetterlage lässt sich simpel als " Trog Mitteleuropa" bezeichnen -> es handelt sich um einen Langwellentrog. Konkretisieren möchte ich diesen Sachverhalt nicht, da ich noch einiges zu dem bevorstehenden Sturmtief/Orkantief zu sagen habe.
In diesen Stunden wird das für uns relevante Sturmtief im nordwestatlantischen Raum ( genauer gesagt in den Gebieten vor Kanada) aus dem Ei schlüpfen. Es handelt sich um eine Welle, die dazu neigt, sich stetig zu vertiefen, wenn anfangs auch nur sporadisch bzw. eingeschränkt. Eben genannte Welle befindet sich rückseitig einer Warmfront, die sie jedoch relativ zügig einholen kann -> so entstehen durchaus markante Temperaturgradienten.
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Et voila: Voraussetzung für die Genese von Sturmtiefs ist generell das Vorhandensein unterschiedlich temperierter Luftmassen mit beachtlichen Differenzen in den Vertikalen.
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Jene Voraussetzung sehe ich nach Einholen der soeben aufgeführten Warmfront als erfüllt an. Es kann für unseren " Säugling" weitergehen. Zahlreiche fördernde Aspekte liegen vor. Was grundsätzlich eine nicht unwichtige Rolle spielt, ist die Lage unseres Heranwachsenden unter dem linken Auszug des Polarfrontjetstreams und damit auch unter Höhendivergenz. Divergenzen hängen u.a auch vom Jetstream an sich ab ( lat. divergere) Bzgl. dieses Begriffes gab es von mir bereits eine Definition, per Suchfunktion könnt ihr, sofern Lust besteht, darauf zugreifen. Anschaulich ist dieser Zustand an folgender Grafik von wetter3 erkennbar.
Donnerstag befindet es sich nördlich der Britischen Inseln.. mit einem Kerndruck von 950 hPa. Die Sturmzyklone hat sich vertieft, die Vertiefung wird einer " rapid cyclogenesis" in jedem Fall gerecht.
Vorderseitig kommt es zu Warmluftadvektion nach West/Mitteleuropa.... unter der einfliessenden Warmluft kommt es zu verbreitet kräftigen Niederschlägen - nicht nur in der Bundesrepublik".... nach und nach wird auch der Wind immer mehr ein Thema.
Über Mitteleuropa haben wir niedertroposphärisch den LLJ " Low Level Jet". Er wird durch das Relief eines Geländes beeinflusst ( flach oder hügeliger)... bei idealem vertikalen Impulsfluss bei hochreichender Feuchtekonvektion können die Geschwindigkeiten des LLJ auch bis an den Boden untergemischt werden... inwiefern das auf den DO/Fr zutrifft, sollten wir abwarten.
Es kristallisiert sich folgende Entwicklung heraus:
Bereits am Donnerstag ( insbesondere in den Abendstunden) haben wir landesweit schwere Sturmböen, Bayern bleibt jedoch außen vor. Wind in Orkanstärke! tritt am ehesten in den Kammlagen der deutschen Mittelgebirge auf... orkanartige Böen auf den Ostfriesischen Inseln/ Westfriesischen Inseln ( NL) und unmittelbar an der Küste.
Freitagvormittag--- bis in die Nachmittagsstunden sollten die Mittelwinde über Deutschland insgesamt noch zunehmen... eine recht wetteraktive Kaltfront ( zugehörig zum Sturmtief) bewegt sich über Deutschland dort... darüberhinaus liegen wir unter dem " Jetstreak". Darunter sind ganz simpel die maximalen Geschwindigkeiten innerhalb des Jetstreams zu verstehen.
Weiterhin gilt die Gefahr vor schweren Sturmböen im Tiefland... orkanartige Böen an der Küste... unter Umständen auch einzelne Orkanböen, insbesondere aber weiterhin auf den Mittelgebirgen.
Im Tiefland besteht ebenfalls die Gefahr durch entwurzelte Bäume auf den Straßen... d.h ich kann es nicht ausschließen.
Alles in allem stehen uns also zwei interessante Tage bevor..
Ich wünsche einen schönen Abend,
ST
Kartenquellen: wetter3.de