Servus zusammen,
Der 19. Juli 2015 brachte eine weitere markante Gewitterlage nach Franken – markant nicht so sehr aufgrund verbreiteter unwetterartiger Erscheinungen, sondern aufgrund einzelner Zellen, die es aber lokal begrenzt in sich hatten. Dabei führte die Sturmjagd zunächst nach Mittelfranken.
Am Nachmittag dieses Sonntags beobachteten nicht wenige Stormchaser genau das Niederschlagsradar, als sich über Rheinland-Pfalz und dem nördlichen Baden-Württemberg mehrere Gewitterzellen bildeten, die schon bald besondere Aufmerksamkeit erregten. Letztlich setzten sich zwei dieser Gewitterzellen durch und eine besonders starke Zelle bei Heidelberg geriet in den Fokus, als auf dem Niederschlagsradar auffällige superzellenverdächtige Signaturen auftraten und die Zelle darüber hinaus damit begann, bei einer nordöstlich ausgerichteten Höhenströmung nun verstärkt nach Osten und somit “nach rechts” auszuscheren. Schon bald gab es erste Downburstmeldungen und Berichte, dass hier tatsächlich eine Superzelle am Werk war, die aufgrund der ausgeprägten Höhenströmung an diesem Tag sehr flott die bayerische Grenze anvisierte. Leider war niemand aus unserem Team für ein Chase verfügbar, sodass ich den Kontakt zu meinen Kollegen hielt und mich selbst auf den Weg machte, als klar wurde, dass diese Superzelle eher südlich an Unterfranken vorbeiziehen würde. Über die A7 ging es zunächst bis nach Uffenheim, wo ich die Gewitterzelle in Empfang nahm (den Staubfleck auf den folgenden Bildern bitte ignorieren):
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Sofort fiel ein durch den kräftigen Höhenwind ungewöhnlich stark geneigter und eingedrehter Aufwindturm auf – kein Zweifel mehr, dass hier eine Superzelle im Anmarsch war. Andere Gewitterzellen schafften es in ihrer frühen Entwicklung gar nicht erst, gegen diesen Höhenwind anzukommen, nur besonders starke Zellen wie diese hier konnten sich halten:
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Ich fuhr ein wenig bei Uffenheim umher, um einen besseren Standort zu finden, was aber leider nicht wirklich möglich war. Mittlerweile war zunehmendes Donnergrollen vernehmbar und entlang des Eisschirms, der auch Mammati aufwies, waren manchmal Wolkenblitze erkennbar:
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Da diese Superzelle zu der Zeit bereits eine ganze Weile unterwegs war, wurde mir klar, dass sie ordentliches Potenzial besaß, was Sturmgefahr, heftigen Niederschlag und evtl. auch Tornados anging. Also versuchte ich mich so zu verlagern, dass ich mich vor dem Aufwindbereich und somit der Mesozyklone der Superzelle befand:
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Dann packte mich aber eine noch größere Neugier und ich fuhr wieder ein Stück nördlicher auf die andere Seite Uffenheims, um etwas näher an das Geschehen heranzukommen. Gleich vorweg: dieser Tag war eher von hektischem Umherfahren geprägt als alles anderem, gerade wenn man alleine unterwegs ist, ist es nicht leicht, die Aufgaben Beobachtung, Dokumentation und Navigation entsprechend so zu koordinieren, dass man immer genau richtig steht und alles in Bild und Video festhält, während man sich auch auf den Straßenverkehr konzentrieren muss. An meinem neuen Standort angekommen, merkte ich erst einmal, wie schnell die Zelle eigentlich unterwegs war, denn nun befand ich mich bereits am Rand ihres Cores, aus dem heraus es blitzte und donnerte:
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Da ich mein Auto unter allen Umständen aus dem Core heraushalten wollte und obendrein nicht wusste, was da möglicherweise noch alles im Niederschlag verstecken könnte – zumal ich hier nun keinen Blick mehr auf den rotierenden Aufwindbereich hatte – ging es zurück auf die B13, Fahrtrichtung Süden auf Ansbach zu. Nun war ich der Gejagte und ich wurde immer wieder vom Starkregen eingeholt. Zwischendurch gelang es mir, mich vor die Zelle zu setzen, sodass ein kurzer Zwischenstopp möglich war. Irgendwo südöstlich von Uffenheim sah die Zelle dann so aus:
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Sehr schnell rückte sie mir wieder auf die Pelle, also ging es weiter, bis ich kurz vor Marktbergel noch einmal anhielt, um diese Bilder zu machen:
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Im Übrigen beobachteten auch andere Stormchaser dieses Gewitter, beispielsweise bei Rothenburg ob der Tauber, sie hatte also nicht nur meine Aufmerksamkeit erregt. In Marktbergel ließ ich die Superzelle dann vorüberziehen, als klar war, dass der Core mich verfehlen würde. Zu diesem Zeitpunkt erlebte die Zelle eine Abschwächung, dennoch zeigten sich in ihrem Aufwindbereich immer wieder turbulente Fracti-Bewegungen, sodass ich vermutete, dass sie noch nicht fertig war. Und so sollte es auch sein: kaum zog sie nach Osten ab, begann sie auf ihrem Weg Richtung Nürnberger Region einen neuen kräftigen Zyklus durchzumachen. Ich fuhr weiter nach Süden, wo mir diese tiefere Absenkung an der Basis auffiel:
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In der Zwischenzeit zeigte sich auf dem Niederschlagsradar westlich von mir eine weitere Gewitterzelle mit ebenfalls verdächtigen Radarsignaturen, sodass ich diese neue Zelle bei Ansbach auch noch abfangen wollte. Doch zunächst bog ich auf eine Landstraße ab, um mir einen erhöhten Standort kurz vor dem Ort Flachslanden zu suchen, damit ich die Absenkung an der abziehenden Superzelle im Auge behalten konnte. Ehe sie im Niederschlag verschwand, sah sie aus meiner Sicht so aus:
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Aufgrund der Entfernung konnte ich leider nichts zu möglicher Rotation oder dergleichen feststellen, jedoch vermute ich, dass die Zelle hier eine neue Wallcloud ausbildete. Das Potenzial dahinter wurde hier jedoch noch einmal sehr deutlich, und tatsächlich gab es Richtung Nürnberg auch die ein oder andere Funnelmeldung, die als Verdachtsfall Eingang in die Tornadoliste fand.
Dann kam die neue Zelle aus Westen auf mich zu und ich suchte mir einen nahegelegenen Feldweg, um freien Blick auf das zweite Gewitter zu haben. Vom Optischen her war ich mir zunächst nicht sicher, um welchen Gewitterzellentypus es sich hier hätte handeln können, jedoch fiel mit bloßem Auge eine Rotationsbewegung der gesamten Wolkenmasse auf und auch andere Stormchaser gingen hier von einer weiteren Superzelle aus, die sich auch anhand entsprechender Radarsignaturen durchaus begründen ließ. Derweil frischte der Wind hier auch schon im Vorfeld stark böig auf.
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Unter zunehmendem, häufigem Donnergrollen schob sich der Niederschlagsvorhang voran und verschluckte zusehends die Landschaft. Anhand der Form der Fallstreifen und ihrer schnellen Bewegungen manifestierte sich hier eine neue Downburst-Gefahr.
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Abermals übernahm mein Sicherheitsinstinkt das Zepter und fuhr wieder zurück Richtung B13, um nicht mitten im Downburst nahe eines Waldgebiets gefangen zu sein. Doch die Zelle rollte unaufhaltsam herein:
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Kaum hatte ich es auf die B13 geschafft, erwischten mich Starkregen und stürmische Böen, was das Autofahren zeitweilig dank schlechter Sicht und heftigen Seitenwinds sehr schwierig gestaltete. Hier musste ich nun alle Kameras beiseite legen und mich voll auf das Autofahren konzentrieren, um aus dem Gewitter heraus zu kommen und nicht in einen Unfall verwickelt zu werden.
Bei Lehrberg nordwestlich von Ansbach hatte ich schließlich einen tollen Blick auf die turbulente Rückseite der nun nach Osten abziehenden Superzelle, die Wolkenstrukturen waren hier sehr faszinierend:
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Schon an diesen beiden Mittelfranken-Superzellen zeigte sich die ganze Dynamik der Lage an diesem Tag und bei all diesen turbulenten Wolkenformationen hatte ich auch diverse Male Momente, in denen ich einen Funnelansatz zumindest hätte hineininterpretieren können. Bestätigen ließ sich jedoch zumindest von meinen Standorten aus kaum etwas. Beeindruckend waren diese Zellen so oder so!
Schließlich ging es zurück nach Unterfranken, denn Schäden gab es augenscheinlich zum Glück keine und weitere Zellen hätten in Mittelfranken zu lange auf sich warten lassen. Auf dem Heimweg fiel mir bereits nach Nord hin ein weiterer Cumulonimbus auf, der laut Radar aus dem Aschaffenburger Raum über den Spessart hinweg zog. Leider konnte sich diese Zelle nicht wirklich gut halten geschweige denn nördlich von Würzburg größere (elektrische) Aktivität entwickeln, nichtsdestotrotz sah sie rein optisch vom Aufbau her dennoch auch aus der Entfernung durchaus interessant aus. Die Aufwindbasis dieser Zelle war nicht unauffällig und einmal konnte man an ihrer Rückseite auch wieder eine merkwürdige Formation erkennen, aufgrund der Entfernung und der Tatsache, dass es ohnehin immer wieder Fracti an dieser Zelle gab, soll aber auch in diesem Fall nicht weiter darauf eingegangen werden. Hier einmal drei Bilder, aufgrund der Lichtverhältnisse und der Entfernung stark bearbeitet:
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In Würzburg angekommen, gab es auch hier noch ein abendliches Gewitter, dass unter gelegentlichem Donnergrollen und einem Böenfrontansatz nördlich bis nordöstlich an Würzburg vorbeigezogen ist. Dabei gab es erneut Regen und kurzzeitig auch kräftige Windböen:
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Abschließend noch ein
VIDEOzu dieser Gewitterlage:
https://www.youtube.com/watch?v=ktRdQmwvGWsGrüße aus Unterfranken,
Daniel und Team.