Servus zusammen,
dann wollen wir doch mal wieder diesen Thread aufwecken, der schon lange schläft.
Mein heutiges historisches Wetterereignis ist der Winter 1978/79. Der war wirklich extrem.
Es hatte vor Weihnachten schon mal Schnee gegeben, aber wie so oft, hatte dann das Weihnachtstauwetter eingesetzt und der Schnee war bei den milden Temperaturen bald weg.
Hier die Wetterlage vom 25.12.1978 um Mitternacht: Man sieht das Tief, das von SW milde Luft nach Deutschland schiebt. Aber man sieht auch schon, was sich abzeichnet. Man beachte das Tief über Nordrussland und die eisige Luftmasse hinter der Novalja Semlja, die von diesem Tief in südwestlicher Richtung gezogen wurde.
Am 27.12. sieht man schon, mehr, was sich andeutet. Das östliche Tief hat nun Verbindung mit dem westlichen aufgenommen, und die Kaltluft ist schon nach Skandinavien vorgedrungen.
In Deutschland war es derweil noch mild:
Am 28.12. sieht man schon deutlich, wie sich die Kaltluftrennbahn einrichtet:
Am Abend jenes Tages ging es in Deutschland dann auch los. Im Norden Schleswig-Holsteins und auch auf Rügen ging ziemlich plötzlich der Regen in Schnee über. Die LMG verlagerte sich nur langsam südwärts. Aber durch den stürmischen Ostwind, teilweise auch mit Sturm- und sogar Orkanböen, die tiefen Temperaturen und den starken Schneefall bildeten sich schnell starke Schneeverwehungen in den betroffenen Landesteilen. Die Temperaturen sanken teilweise um mehr als 10K innerhalb kürzester Zeit. Im Gebiet, wo sich die Kaltluft unter die warme Luft schob, regnete es zunächst oft noch, so dass der Regen in der Kaltluft unterkühlte und es dann starkes Glatteis gab. Während es in der Höhe noch mild war, war die Temperatur am Boden teilweise schon bis auf -10°C gesunken, man bedenke, Regen bei -10°C! Weichen der Eisenbahn froren ein, Züge konnten nicht mehr fahren und versanken dann im Schnee. In Rügen wurde innerhalb weniger Stunden ein Eisenbahnzug bis übers Dach zugeweht und musste später regelerecht ausgegraben werden, damit die Fahrgäste befreit werden konnten.
Am 29.12. sieht man das lang gezogene Tief über Deutschland, und auch wenn hier die LMG nicht eingetragen ist, kann man doch gut erkennen, wo sie über Norddeutschland verlief.
Hier sieht man auch die großen Temperaturgegensätze über Deutschland an dem Tag.
Am 30.12. ist die Ostlage voll im Gange, man sieht das Tief direkt über Deutschland, ein Hoch über Skandinavien und die Kaltluft, die ganz massiv von Osten kommt. Die engen Isobaren legen Zeugnis vom starken Ostwind in den betroffenen Gebieten ab. Die Ostsee war natürlich nicht zugefroren, und so konnte von dort viel Feuchtigkeit mitgenommen werden, die als "Lake Effect Snow" vor allem in Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein fiel. Die Temperaturgegensätze sind sogar noch stärker geworden.
An Silvester ging im hohen Norden Deutschlands schon seit zwei Tagen nichts mehr. In der DDR hatte man die Wetterlage geradezu verschlafen, Meldungen vom Schneesturm auf Rügen und in Mecklenburg-Vorpommern waren von den Veranwortlichen nicht ernst genommen worden. Aber die kalten Temperaturen wanderten weiter nach Süden:
Man betrachte auch hier wieder die extremen Temperaturgegensätze - in Bayern z. B: in Hof -18°C, in Augsburg noch +7°C.
Ab Silvester begann die LMG allerdings dann schneller zu ziehen. Ich weiß selber noch, dass es noch in der Silvesternacht, als wir im Garten waren, um das Feuerwerk anzuschauen, recht mild war und ein recht frischer Westwind wehte. Freilich hatte ich die ganzen Ereignisse am Fernseher verfolgt, wo die Nachrichten voll von der Schneekatastrophe im Norden waren. Am nächsten Morgen war es dann allerdings weiß und ziemlich kalt. Wobei hier im Süden allerdings nur noch wenige cm Schnee fielen. Das Tief lag in der Neujahrsnacht über Österreich, und an dessen Rückseite kam die Kaltluft dann auch in den Süden. Man beachte aber auch die gewaltige Kaltluftmasse, die nach wie vor über Nordrussland lagerte. Es hätte also durchaus auch noch schlimmer kommen können!
In den folgenden Tagen erreichte die Kaltluft Italien, den Balkan, und sogar im Süden von Griechenland gab es dann Schnee.
In Deutschland beruhigte sich das Wetter dann, aber es dauerte noch Tage, bis sich die Lage für die Menschen wenigstens einigermaßen normalisierte. An vielen Häusern im Norden reichten die Schneewehen bis zum Dach. In der DDR gab es eine Energiekrise. Die hauptsächlich verwendete Braunkohle fror durch die extremen Temperaturen so sehr ein, dass sie nicht mehr aus den Güterwagen in die Kraftwerke geschüttet werden konnte. Die mussten daher teilweise den Betrieb einstellen, so dass Strom und Fernwärme ausfielen. Erst vom Otto Versand aus Westdeutschland bestellte Bohrhämmer brachten etwas Abhilfe. die Temperaturen stiegen erst ab dem 8.01. wieder merklich an.
Aber es ging dann noch einmal los, nämlich im Februar. Am 12. Februar lagen sich zwei Tiefs gegenüber, mit einem Hochdruckrücken zwischendrin, nicht unähnlich der Lage an Weihnachten 1978:
Am 13. Februar hatten die Tiefs schon Verbindung zueinander aufgenommen:
Am 14. Februar lag ein Tief über dem Ärmelkanal und zog weiter nach Osten:
Am 15. Februar war im Norden schon wieder eine kräftige Ostlage eingetreten:
Die Temperaturen waren aber nicht so extrem wie über den Jahreswechsel:
Die Schneemengen waren allerdings wieder sehr groß, zumal vielerorts der Schnee vom Jahreswechsel noch nicht geschmolzen war. Auch diesmal war der Süden weniger betroffen als der Norden. Später gab es dann ein Tauwetter mit Hochwasser.
Das war also die Zusammenfassung der Ereignisse vom Winter 1978/79, nun noch ein paar interessante Links:
http://www.wetterbild.de/wetterrevue/bl ... sil78.html - ein Augenzeugenbericht von einer sehr abenteuerlichen Bahnfahrt
http://www.tiesel.de/winter%201978-1979.html - Ein Bericht mit einigen Wetterkarten, darunter auch die Schneehöhen
http://www.naturgewalten.de/winter7879.htm - Der Bericht bei naturgewalten.de mit weiteren Links
http://klimakatastrophe.wordpress.com/2 ... -19781979/ - Links mit Wetterwerten
http://www.geschichte-s-h.de/vonabisz/schnee.htm - Bericht mit unglaublichen Schneebildern
http://seemann1978.beepworld.de/1flotille-pm.htm - noch mehr unglaubliche Schneebilder
https://de.wikipedia.org/wiki/Schneekat ... hland_1978 - Artikel in der deutschen Wikipedia
Und dann noch einige Videos von YouTube:
[www-youtube]http://www.youtube.com/watch?v=gDqQZJfx_1U[/www-youtube]
[www-youtube]http://www.youtube.com/watch?v=twgUMN0BIOo[/www-youtube]
[www-youtube]http://www.youtube.com/watch?v=pi8GyZZhLkA[/www-youtube]
[www-youtube]http://www.youtube.com/watch?v=qOZEAHZ9JOM[/www-youtube]
Wie auch immer der kommende Winter wird, ichh offe, es wird nicht so extrem!
Ich hoffe, ihr fandet meine Zusammenfassung interessant; vielleicht kann ja der eine oder andere auch Erinnerungen aus der Familie beitragen zu dieser Winterkatastrophe.
Alles Gute
Max